Die Entwicklung

Die Ursprünge des japanischen Trommelns ("Taiko" oder "Wadaiko") liegen in China und Korea. Taiko begleitete die Menschen einst auf dem Schlachtfeld ebenso wie an Festen, es vereinte alle Kräfte bei der harten Arbeit und man beschwor die Götter mit donnernder Stimme. Und so ist in Japan über viele Jahrhunderte der Rhythmus als bestimmendes Element in der Musik erhalten geblieben - ebenso wie in anderen Ländern Asiens und ganz im Gegensatz zu Europa, wo die Melodie immer mehr in den Vordergrund rückte.

Doch im Japan der Neuzeit verlor das Trommeln zunehmend an Bedeutung. Man wollte modern sein und die alten Zeiten hinter sich lassen. Taiko war alles andere als cool, es war konservativ und vor allem für die Jungen uninteressant geworden.

Die Renaissance des Wadaiko wurde Anfang der siebziger Jahre von einer kleinen Gruppe junger Männer eingeleitet, die sich auf der Insel Sado versammelten. Ihr Ziel war es, die Menschen wieder für die traditionelle japanische Musik zu interessieren. Das Spiel der Gruppe, welche zunächst unter dem Namen "Ondekoza" und später als "Kodo" zu Weltruhm gelangte, war von ungeheurer Intensität und bildete eine einzigartige Synthese aus "rhythm, power and spirit". Von diesem Zeitpunkt an verbreiteten sich die Klänge der Trommeln und der Bambusflöten, des Shamisens und der Zymbeln durch alle Kontinente. Und diese Taiko-spezifische Kombination aus Musik UND Bewegung - angesprochen werden das Ohr UND das Auge - wirkte tief im Unterbewusstsein der Zuhörer UND Zuschauer auf der ganzen Welt.

Mittlerweile ist das aktive Taiko spielen sehr populär geworden. In Japan gibt es unzählige Taiko-Gruppen. Einige konzentrieren sich auf die in ihrer Stadt bzw. Provinz traditionell gespielten Stücke und Rhythmen. Andere wiederum sind offen für diverse Spielarten und Spieltechniken oder beziehen z. B. Instrumente und Elemente aus der westlichen Musik mit ein. Auch in anderen Ländern wächst die Zahl derer, die selbst die gewaltigen Trommelstöcke in die Hand nehmen und das Geheimnis der magischen Trommeln ergründen.

Japan hat in seiner Geschichte viele kulturelle und spirituelle Schätze hervorgebracht.
Einer davon ist Wadaiko.

Die aktuelle Situation

Die zunehmende Popularität von Wadaiko hat unter anderem auch zu einem zunehmenden Wettbewerb innerhalb der inzwischen entstandenen Taiko Community geführt. Immer mehr Gruppen versuchen Wadaiko auch professionell zu betreiben. Um Auftraggeber für Auftritte oder Zuschauer für Konzerte zu gewinnen wird in der Außendarstellung mit Superlativen nicht gegeizt. Bei den Vorführungen versucht man dann mit der eigenen Show die anderen Gruppen zu übertrumpfen.

Das ist natürlich überall in der Musikbranche auch so, die Entwicklung im Taiko stellt hier keine Ausnahme dar.

Die Vorführungen der Gruppe "Ondekoza" (heute "Kodo") hätten damals auch ohne Publikum stattfinden können. Sie waren nicht an ein Publikum gerichtet bzw. haben kein Publikum benötigt. Diese Art von Vorführung lässt das Publikum an etwas teilnehmen, die Zuschauer beobachten (und hören) nur, was auf der Bühne passiert – wie bei einem Schauspiel oder als wenn man einem Handwerker bei seiner Arbeit zusieht. Es geht hier also nicht um eine "Show".

Heutzutage scheint der Show Charakter bei Taiko Vorführungen aber immer wichtiger zu werden. Vermutlich liegt es daran, dass viele Zuschauer dies so wünschen. Sie wollen mit einbezogen werden, wollen Teil des "Events" sein. Die Spieler auf der Bühne ziehen eine tolle Show ab, die Stimmung überträgt sich auf das Publikum und die Reaktion des Publikums ist wiederum für die Spieler und die "Dramaturgie" auf der Bühne wichtig bzw. notwendig. Wobei je extrovertierter die Spieler sich darstellen umso stärker findet die Interaktion mit dem Publikum statt.

Beide Varianten haben Befürworter und Gegner - und letztendlich ist es eine Geschmacksfrage, welche man bevorzugt. Das gilt für die Akteure auf der Bühne genauso wie für die Zuschauer. Und natürlich liegt im konkreten Fall immer eine gewisse Mischung dieser beiden Varianten vor.

Allerdings scheint bei der Show Variante oftmals die Spannung in den Musikstücken eine untergeordnete Rolle zu spielen. Anstelle dessen steht hier mehr der Gedanke schneller, lauter, sensationeller im Vordergrund. Wenn aber alles laut ist, gibt es keine Akzente mehr und wenn alles schnell ist, gibt es keine Temposteigerung mehr. Ob der Spannungsaufbau fehlt, weil die Taiko-Gruppe ihn nicht möchte bzw. "braucht" oder ihr eine entsprechende Komposition fehlt, lässt sich schwer sagen. Im Normalfall ist aber Spannung in der Musik das A und O. Und das merkt man, wenn man bei dieser Art von Musik nur noch hört, aber kein Bild mehr vor Augen hat. Dann wird es doch sehr schnell ermüdend.